zum Bürgerkrieg in Syrien

Mehr als zwei Jahre dauert der brutale Unterdrückungskrieg von Bashar al-Assad gegen sein eigenes Volk nach Beginn der Proteste im März 2011 bereits. „Schießt auf alles was sich bewegt.“ befahl Assad als er die Lage nicht unter Kontrolle bekam und so schossen Regierungstruppen auf Männer, Frauen und Kinder. Verletzte wurden selbst noch im Militärkrankenhaus mit Elektrokabel und Peitschen gefoltert, nachdem sie zwangsweise dorthin gebracht worden waren. Am Anfang sah die Lage noch so aus, als ob sich die Kämpfe bald zugunsten der Freien Syrischen Armee entscheiden könnten; tausende gingen auf die Straße „die Freie Syrische Armee schützt uns“; Teile des Militärkaders desertierten. Racheakte des Regimes gegen die Bevölkerung waren keine Seltenheit. Die Menschen saßen in ihren Häusern und wurden von Panzern beschossen. Doch die Hoffnung auf militärische Unterstützung der EU und anderer arabischer Staaten ist schwer enttäuscht worden. Statt einer militärischen Unterstützung beschränkte man sich in der EU auf „humanitäre Hilfe“, die das Assad-Regime so beantwortete: Erst wurde die Grenze vermint, dann Wälder angezündet um den Flüchtlingen den Weg abzuschneiden und das Gebiet einsichtiger zu machen. Männer im wehrfähigen Alter wurden vom syrischen Regime einfach festgenommen und getötet und zum Teil sogar außerhalb des Landes vom Geheimdienst aufgespürt und deportiert.

Angesichts der Kriegsverbrechen des Assad Regimes und des Vorgehens gegen Zivilitsen waren die Friedensverhandlungen zum Scheitern verurteilt. Das syrische Volk hätte ohne der Bedingung eines Rücktritts von Assad damit nur freiwillig noch schlimmere Unterdrückungsmaßnahmen in Kauf nehmen können; das wäre zynisch gewesen solange Assad es nicht irgendwie schaffen hätte können das Feld zu räumen und ins Exil zu gehen. Auch eine Verfassungsreform hätte den Zivilisten im Vorgehen gegen „mutmaßliche Aufständische“ sicher keinen Schutz bieten können.

Da die Unterstützung des Westens für die FSA leider fehlte, sind inzwischen leider immer mehr al-Quaida nahe Kämpfer der Jebhut al-Nusra eingesickert. Diese haben zwar den Widerstand gegen Assad bisher mit aufrechterhalten, die Sache aber ihrerseits mit Racheakten gegen Zivilisten wie die Alawiten, zu denen auch Assad gehört, und der Vertreibung von über 40.000 Menschen aus den Kurdengebieten in den Nordirak noch schlimmer gemacht. Derzeit erschüttert ein grauenvoller Giftgasanschlag mit 500 bis 1300 Opfern, die meisten darunter Kinder, die Öffentlichkeit. Nur 15 Autominuten von der Hauptstadt Damaskus und damit von den UN-Inspektoren entfernt, konnte inzwischen endlich zweifelsfrei der Einsatz von Chemiewaffen bestätigt werden.

Frankreich hatte sofort eine „Reaktion der Stärke“ gefordert, während nun auch die USA nach Prüfung der Vorfälle ihr Kriegsgerät zusammenziehen. Seitens der USA hat es ja bereits früher Vorstöße etwa für eine Flugverbotszone wie über Lybien gegeben, die aber leider nicht realisiert worden sind. Wie genau eine militärische Option aussehen kann wird sich wohl auch aufgrund der Reaktionen Moskaus zeigen, daß direkt nach dem Anschlag ein Umdenken angekündigt hat. Für einen Einsatz ohne Bodentruppen, der auf der Unterstützung der Opposition basiert, wäre zumindest ein sofortiger Stopp von Waffenlieferungen und sonstiger Unterstützung an Assads Regimesehr sehr wünschenswert. Der Einsatz von Bodentruppen könnte zwar für eine Stabilisierung nötig sein und weitere Giftgasanschläge und Attacken gegen die Zivilbevölkerung am effektivsten verhindern, doch könnte ein solcher zu weiteren schwerwiegenden Probleme führen und würde möglicherweise nicht so gerne gesehen werden. Ohne intakter Zentralmacht jedoch wären wahrscheinlich Truppen notwendig um das Land wiederzuvereinen und die Bevölerung vor Vertreibung und weiteren Unruhen zu schützen. Es bleibt zu hoffen übrig, daß der Krieg nicht schon zu lange gedauert hat und daß Syrien nach dem Ende Assads zu stabilen Verhältnissen zurückfindet. Die USA und Europa haben in Syrien selbst wohl nichts zu gewinnen, doch wird erwartet dem Massaker ein Ende zu bereiten. Nichts zu tun und die Hände einfach nur in den Schoß zu legen scheint indes aufgrund der Brisanz der Lage keine Option mehr zu sein; daß muß auch den Gegnern eines Einsatzes klar sein: von alleine wird Assad nicht zurücktreten.

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Nachtragung am :

Rußland hat gestern bereits zwei Kriegsschiffe in die Region entsandt, der Iran droht, in Teilen Syriens demonstrieren die Menschen für einen Sturz Assads und wir wissen nicht genau was im Falle eines Kriegseintritts der USA und seiner verbliebenen Verbündeten (England ist abgesprungen, die Türkei weiter dabei) geschehen wird. Die Frage ist ob ein geplanter Militärschlag in geringem Umfang ohne Sturz Assads, wie von den USA zuletzt geplant, überhaupt möglich ist.

Nachtrag am :

Assad hat nun offiziell angekündigt sich im Falle eines Angriffs an der Zvilbevölkerung zu rächen. Das macht ein wie bisher geplantes Vorgehen, das nur auf der Einschüchterung Assads beruht, ohne diesen jedoch abzusetzen unmöglich.

Nachtrag am :

Rußland würde einem Militärschlag gegen das syrische Regime zustimmen, wenn es stichhaltige Beweise dafür gibt, daß der Giftgasanschlag vonseiten des Assad-Regimes verübt worden ist (Abgehörte Telephonate würden allerdings nicht als solche akzeptiert.).- Kleine Zeitung, 05.09.2013.

Kurzzusammenfassung eines Artikels aus der Süddeutschen Zeitung am 04.09.2013:

Hoffen auf den Freund

Syriens Opposition fordert in Berlin Unterstützung für Militäraktion

„Wenn jetzt nicht die nötigen Maßnahmen ergriffen werden, wird Blut in noch viel größerem Ausmaß fließen.“ meinte der Präsident der Nationalen Koalition der Syrischen Opposition Ahmad Jarba am Dienstag. Tags zuvor hatte er ein Gespräch mit dem Bundesaußenminister Guido Westerwelle von der FDP geführt. Man verstehe die deutsche Position, (Deutschland wirbt am G-20 Gipfel für eine gemeinsame Position, will sich aber derzeit aus einem Einsatz heraushalten; wenngleich die Erfolgsaussichten hierfür eher verhalten seien, so Merkel.) hofft aber tortzdem, daß Deutschland einen Militäreinsatz doch noch politisch unterstützt. Man sehe Deutschland als „Freund und Partner des syrischen Volkes“. In Syrien gäbe es keinen Platz für Assad, man spräche aber mit jedem, der „nicht an der Tötung von Syrern beteiligt war“. Am Ende werde es eine politische Lösung geben. Der Einfluß radikalislamischer Kräfte werde im Westen überschätzt; diese aus dem Ausland kommenden Truppen würden nicht mehr als 4000 Syrer befehligen. Die Gewalt des Regimes müsse unbedingt mit Gegengewalt beantwortet werden.

Während Syrien ein beherrschendes Thema am G-20 Gipfel ist spricht auch der Papst mit Assad und Rußlands Präsident Wladimir Putin, verdammt aber gleichzeitig einen Militäreinsatz als „nutzlos“.- 06.09.2013

Der Iran wechselt überraschend die Seiten; Syriens Regierung habe bereits zuviele Fehler gemacht. Israel wird nicht mehr mit der Vernichtung gedroht; stattdessen wünscht Hassan Rouhani den Juden ein schönes Neujahrsfest.

Rußlands Präsident Wladimir Putin, der weiterhin davon ausgeht, daß der Giftgasangriff von den Rebellen verübt worden sei, fühlt sich eigenen Angaben zufolge vom Papst in seiner Position bestätigt.

Unterdessen veröffentlicht Deutschland brisante Informationen seines Geheimdienstes BND zu dem Angriff: Laut u.a. vom Spionageschiff Oeker abgehörten Telephonaten habe nicht Assad selbst den Anschlag angeordnet, sondern seine Generäle haben danach gefragt als sich Assad in der Endschlacht um Damaskus sah. Ein Hisbolla General soll sich zu den Anschlägen bekannt haben. Einer Plausibilitätsanalyse zufolge sei auch mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, daß der Anschlag vom Assad-Regime verübt worden sei, da nur dieses über die Mittel verfüge einen Anschlag in dieser Art auszuführen.

Kein Dienst verfüge über so gute Quellen in der Region wie der BND. Man sei stolz darauf durch die indirekte Weitergabe von Informationen an die Rebellen einen wichtigen Beitrag zum Sturz des Assad-Regimes zu leisten.

Am G-20 Gipfel hat Bundeskanzlerin Angela Merkel Obama allerdings die Gefolgschaft für eine Unterstützungserklärung zu einer direkten begrenzten Intervention verweigert. Man fürchtete wohl eine weitere Eskalation. Der Krieg könne sich laut BND mit und ohne einem solchen begrenzten Einsatz seitens der USA noch lange hinziehen. Beunruhigend ist auch, daß die FSA ihre Führungsrolle gegenüber islamistischen Gruppierungen inzwischen eingebüßt haben soll. Überläufer werden zumeist sofort umgebracht.

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zur Lage im Nahen Osten

Erst unlängst sind europäische Politiker russischen Schalmeienklängen gefolgt - man wolle eine möglichst breite Koalition gegen den IS unter Einbindung der Kurden, man halte nicht weiter an Assad fest und man werde damit eine Lösung für Vertreibung und Flucht finden. Was auf den ersten Blick sehr vernünftig klingen mag, relativiert sich aber gleich bei genauerem Studium von Verhandlungslage und Medienberichten. „Man setze auf eine Verhandlungslösung.” Eine solche Verhandlungslösung würde freilich einen erzwungenen Abtritt von Assad und dessen Führungskadern voraussetzen, was etwa ein Spezialkommando einer internationalen Koalition unserer Meinung nach durchaus bewerkstelligen könnte. Wenn diese darauf einstiegen, müßte man sie im Sinne ihrer Restbevölkerung und der Alawiten zum Rücktritt zwingen und eine Übergangsregierung der internationalen Koalition einsetzen. Davon ist aber überhaupt nicht die Rede. Rußland will nämlich Assad solange im Amt halten, bis der Krieg vorbei ist, was heißt daß Assads Regierung weiterhin ungestört Faßbomben über seiner Zivilbevölkerung abwerfen darf. Das kann doch nicht der Ernst unserer Politiker und Ziel von „Verhandlungen” sein? Freilich geht es auch darum einen Völkermord an den Alawiten zu verhindern, wozu es bei einer Einnahme Syriens durch den IS wohl kommen würde. Assad weiterhin zu unterstützen ist aber auch keine Alternative. Bleibt also nur übrig es mit einer solchen Spezialoperation zu versuchen. Eine solche Idee scheint aber überhaupt nicht diskutiert worden zu sein. Diskutiert worden ist eine Unterstützung des Assad Regimes gegen den IS ohne dabei den Kurden, der irakischen und der lybischen Regierung unter anderem entsprechende direkte Unterstützung zukommen zu lassen.

Das wäre ein Kniefall vor Rußland und ein Verrat an den bisher unterstützten, wenn auch zusehends ins Hintertreffen geratenen moderaten Rebellen, die bisher auch vom IS direkt bekämpft worden sind. Gemäßigten Regierungen könnte eine offene Kooperation mit Assad das Rückgrad im Kampf gegen den IS brechen. Die bisher gemäßigten Rebellen würden wohl gezwungen sein sich radikaleren Gruppen anzuschließen. Eine solche Entscheidung würde wohl auch viele junge Menschen scharenweise dem IS zutreiben. Schließlich würde Europa als Folge der kommenden Ereignisse überrannt werden.

Auch die lybische Regierung hätte sich unserer Meinung nach eine sehr direkte Unterstützung im Kampf gegen den IS verdient. Stattdessen bleibt gegen die tobruker Regierung allen Ernstes weiterhin ein Waffenembargo aufrecht, welches seit dem Sturz Gadaffis gilt. Wie soll es da etwa möglich sein die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten und bestehendes Gebiet zu verteidigen? Die gemäßigte, offiziell anerkannte Regierung in Tobruk hat doch nichts verbrochen! Meint man es mit der Unterstützung tatsächlich demokratisch gewählter Staaten ernst, müßte man hier einen Unterschied machen.

Während man in der größtenteils US-gefärbten Medienlandschaft hiervon nur sehr selten hört, implementiert man von russischer Seite (und teils gibt es auch pro-russische Berichterstattung hier in Europa, nur eben keine wirklich unabhängige) einen unvorteilhaften Zynismus: „Ganz ohne Diktaturen ließe sich der Nahe Osten eben nicht regieren.” Den sogenannten Zweiflern sei nochmals gesagt, daß sich Demokratie nicht von oben verordnen läßt, wie etwa im Irak seinerzeit, zumindest solange die dort installierte Regierung in zu starker politischer und wirtschaftlicher Abhängigkeit von den Besatzern bleibt, die dort im Eigeninteresse gehandelt und interveniert haben anstatt eine „gesunde Opposition” aufgebaut oder unterstützt zu haben. Eine funktionierende Regierung läßt sich nicht aus dem Nichts erschaffen. Saddam Hussein wurde ja nur deshalb gestürzt, weil er sich zum Schluß geweigert hat, mit den USA zu kooperieren. Ebenso hat man gewartet bis entsprechende Aufstände seitens der Bevölkerung unter Saddam Hussein niedergeschlagen waren.

.- 20.09.2015.

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